December 11, 2009

My Winter


Am Dienstagabend auf dem Heimweg ging es auf einmal los. Es fing an zu schneien und sollte man dem Wetterbericht glauben schenken, so würde es auch so schnell nicht wieder aufhören. Denn dies sollte der Anfang eines Schneesturms sein, der über Minnesota herein gebrochen ist. Und genauso schnell wie der Schnee, fielen auch die Temperaturen. Von Dienstagnacht beginnend mit -5°C, waren es am Mittwochabend schon -15°C und am Donnerstagmorgen erreichten sie dann sogar -20°C! Bei diesen Temperaturen dauerte es keine drei Tage, bis der Mississippi, ein fließendes Gewässer, mit einer dicken Eisschicht bedeckt war.
Doch als wäre das nicht schon schlimm genug, tut der Wind sein Übriges dazu. Direkt aus dem hohen Norden aus Richtung Kanada kommend, bringt er eisige Kälte in die nördlichen Regionen der USA und führt zu gefühlten Temperaturen um die -30°C! Da hier alles in Fahrenheit berechnet wird klingt es zwar für europäische Ohren nicht so dramatisch, aber spätestens, wenn man 20 Minuten auf den Bus gewartet hat und sich anschließend sogar die gesamte Hand in dessen Tür einklemmen könnte, ohne auch nur den geringsten Schmerz zu verspüren, weiß man, wie kalt es tatsächlich ist.
Da die Amerikaner etwas zur Überreaktion neigen – so dachte ich zumindest – wurden alle Schulen am Dienstagabend bis auf weiteres geschlossen. Die Meisten blieben das auch für den Rest der Woche. Dies wird einerseits über Infoleisten der lokalen Fernsehsender am Abend und durch Anrufe der betroffenen Hausalte am Morgen bekannt gegeben.
Am Morgen wird dann auch noch über das Telefon über einen möglichen ‚snow emergency’ informiert. Das bedeutet, dass alle Bewohner einer ‚snow route’ (größere Straße in der Umgebung) angerufen und aufgefordert werden, ihre Fahrzeuge von der Straße zu entfernen, wenn es nötig ist, diese vom Schnee frei zu räumen. Denn da die USA über ein deutlich weiträumigeres Straßenetz als Europa verfügt, wird somit sichergestellt, dass wenigstens die Hauptstraßen einer Gegend für Rettungsfahrzeuge zugänglich sind.
Die Nebenstraßen bleiben allerdings unangetastet und müssen „frei gefahren“ werden. Allerdings ist das bei den bereits erwähnten Temperaturen etwas komplizierter, als ich das von meiner Heimatgegend gewöhnt bin. Und so bleibt der Schnee an Ort und Stelle liegen, wo er gefallen ist … und das für Wochen. Dadurch und weil die meisten Amerikaner mit PS starken SUVs (Sport Utility Vehicle = Geländewagen) oder ähnlichen Fahrzeugen ausgestattet sind, kann man auf den Straßen den ein oder anderen ungewollten Burn-out, Drift oder one-eighty (180° Drehung) beobachten. Das wiederum führt zu einem „geordneten Chaos“ auf den Straßen. Und die Tatsache, dass es hier keine Regelungen zu Winter- und Sommerreifen gibt, verschlimmert diese Situation noch.
Ich für meinen Teil war zum Glück davon nur in sofern betroffen, dass ich mit zu spät kommenden Bussen (was aufgrund erhöhter Wartezeiten bei diesen Temperaturen alles Andere als angenehm ist) und einem Kalten Kaffee (den ich immer vom Starbucks auf Arbeit trage) zurecht kommen musste. Außerdem habe ich mich meinen Mitmenschen angepasst und bin ich die ganze Woche mit einer Maske um den Mund durch die Stadt gelaufen, um nicht, im wahrsten Sinne des Wortes, das Gesicht zu verlieren (allerdings aufgrund der Kälte).
Außerdem konnte ich ein nettes kleines Experiment ausprobieren, was ich schon einmal vor einer Weile auf Youtube sehen konnte. Wenn man bei diesen Temperaturen einen Becher heißes Wasser (allerdings geht es nur mit heißem Wasser) auf die Straße schüttet, dann gefriert die Flüssigkeit zu Schnee, noch bevor sie auf dem Boden aufkommt. Ziemlich beeindruckend, wie ich finde…
Allerdings hatten diese, für diese Jahreszeit doch ungewöhnlichen, Temperaturen am Wochenende ein jähes Ende. Denn dann wurde es wieder wärmer und ich konnte mich bei angenehmen -8°C in der Sonne wälzen.

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