November 8, 2009

My Afteraction

Da es gestern so unglaublich schlecht gelaufen ist und Doug sich ein wenig für die Misere mitverantwortlich fühlte, hat er zugesagt mit mir heute Frühstück essen zu gehen. Leider habe ich verschlafen, was dazu führte, dass ich quasi in einem Schritt aus dem Bett aufstand, in meine Anziehsachen schlüpfte und am Ende mehr oder weniger geschniegelt und gestriegelt bei Doug im Wohnzimmer stand. Kaum hatte der mich gesehen, sprang er auf um seine Jacke zu holen. Sicher waren wir beide heute so fix, damit so etwas wie gestern nicht noch mal passieren kann.

Also fuhren wir zu dem Diner, in dem wir schon in der ersten Woche waren. Als wir aus der Garage fuhren sah Doug, dass ein NEUES Loch in der Scheibe an unserer Front-Seite des Hauses war. Ich frage ihn, wie so etwas passieren konnte und er antwortete etwas, was ich nicht erwartet hatte. Es kam ein nüchternes: ‚By drive by shooting!’ Ich fragte: ‚What?’ Und tatsächlich, es sah aus wie ein Einschussloch. Doug erklärte mir, dass nachts junge Leute, die Hass auf reiche Leute haben, mit Luftgewehren oder gedämpften Waffen rum fahren und in „reichen Gegenden“ Fensterscheiben einschießen. Wow, ich dachte ich bin in Minneapolis und nicht im Getto von Kappstadt!

Während er mir all diese Dinge erzählte sind wir auch am Diner angekommen. Dort gab es erst mal einen schönen heißen Kaffee und ein paar ‚Pancakes’ mit ‚scrambled Egg’ und ‚Sausage’. Trotz der Tatsache, dass dieses Mal völlig andere Kellner bzw. Kellnerinnen anwesend waren, kannte Doug schon wieder alle beim Vornamen und konnte mir eine Geschichte zu jeder einzelnen erzählen. Er scheint sie sogar so gut zu kennen, dass er von allen bei unserer Ankunft eine Umarmung bekommt. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das unter Anderem auch mit dem guten Trinkgeld zusammen hängt, was er jedes Wochenende dort lässt.

Nachdem wir uns gestärkt hatten, gingen wir ‚grocery shopping’ – Essen Einkaufen. Ich war dankbar, dass Doug mich regelmäßig zum Supermarkt fährt, da sich die großen 1 Gallonen Flaschen, die man hier überwiegend bekommt, nur schlecht auf einem Fahrrad transportieren lassen und für einen Spaziergang zu einem der Einkaufszentren ist selbst das nächste viel zu weit weg!

Anschließend bin ich Joggen gegangen und habe meine Wäsche gewaschen. Aber selbst das geschah schon im Stress. Denn ich wollte rechtzeitig den Bus erwischen um nach ‚Uptown’ zu gelangen. Dieser Stadtteil von Minneapolis ist ca. eine halbe Stunde Busfahrt entfernt, allerdings nur mit einer Buslinie, was den Trip schon wieder erträglich macht. Ich habe mich dort mit Shane verabredet, um ein bisschen die Gegend unsicher zu machen.

Als ich mit dem Bus ankam wartete Shane schon auf mich. Er spielte mit seinem neuen Motorola Google – Phone, was er am Freitag, zwei Tage nach seinem Geburtstag, erstanden hatte. Es schien so, als würde er via Internet den öffentlichen Nahverkehr checken, um den Bus zu verfolgen in dem ich sitze. Schon verrückt, was hier alles möglich ist!

Wir gingen zuerst einen Kaffee trinken und Shane schien ein bisschen ratlos darüber, was er mir denn hier zeigen könnte. Also entschieden wir uns dazu, eine Runde um den nahe gelegenen See zu gehen. Dabei sahen wir tatsächlich ein paar Angler, die in einem See mitten in der Stadt versuchten ein paar Fische zu fangen. Ich dachte mir nur, dass diese Fische weder die gesündesten, noch die leckersten des Landes sein dürften. Shane bestätigte das zugleich und verriet mir sogar, dass das eher einer der dreckigsten der Gegend sein dürfte.

Danach gingen wir zum Vietnamesen. Allerdings darf man sich das nicht als einen der ranzigen, nach Öl stinkenden Drecklöcher vorstellen, in die man sich manchmal versehentlich in Deutschland verirrt. Vielmehr schien es eines der am besten erscheinenden und riechenden Restaurants des Blocks zu sein. So entschied ich mich es zu wagen und ein paar Curryshrimps zu bestellen.

Als ich so rekapitulierte, musste ich mit entsetzen feststellen, dass an dem Tag das erste Mal in den Vereinigten Staaten war, an dem ich Fisch aß. Ich entschied sofort, dass ich das ändern müsste und wurde darin bestätigt, dass meine Wahl eine ausgezeichnete war. Dazu gab es, wenn auch etwas unpassend, ein gutes amerikanisches Bier. Und ich dachte so etwas gibt es hier gar nicht, aber ich wurde tatsächlich eines Besseren belehrt. Allerdings war das ‚out of the tab’ – ist also nicht in Flaschen erhältlich. Wir nutzten diese Gelegenheit, um auf unsere Geburtstage anzustoßen.

Da wir beide nach dem Essen nicht in der Laune waren nach Hause zu gehen, entschieden wir uns, noch in einer Weinbar einzukehren, die wir bei unserer Runde um den See gesehen haben. Als wir uns allerdings an den Tresen setzten, wurde mir etwas zum Verhängnis, was mir schon während meines gesamten Aufenthalts hier ein wenig befremdlich vorkam.

Der Kellner fragte, wie man immer gefragt wird, auch wenn man nur ein lächerliches ‚Mon Cherie’ kaufen möchte: ‚Guys, your IDs please!’. Und da war es das Problem! Ich hatte gestern meine Jacke gewechselt, da es so schön warm geworden ist und nicht daran gedacht, meinen Reisepass einzupacken, denn nur der wird hier akzeptiert, wenn man etwas trinken möchte. Selbst durch nettes Bitten eine Fahrerlaubnis gut zu heißen, ließ sich der gute Mann nicht erweichen.

Der Kellner Verriet mir sogar, dass selbst er, der gerade 35 geworden ist, noch regelmäßig seine ID vorzeigen muss. „Träum weiter!“ würde ich dazu nur noch sagen, so jung sah er nun wirklich nicht mehr aus! Leider führte die Verbalisierung dieses Gedankens direkt dazu, dass wir ein wenig mit Nachdruck aus dem Lokal heraus gebeten wurden.

Wenn die Regeln diesbezüglich wirklich so strikt waren, warum haben wir dann bei dem Vietnamesen Bier bekommen? Dieser Gedanke ließ nur eine mögliche Schlussfolgerung zu: so schlimm kann es nicht sein. Also probierten wir es in der nächsten Bar, gerade schräg gegenüber.

Und allem Anschein nach, war der Barkeeper entspannt! Den als ich ihm selbstsicher meinen Führerschein ins Gesicht hielt und sagte, dass ich Deutscher und nicht vertraut mit den regionalen Regeln sei, bekam ich nur noch die Antwort: ‚Ok, I accept it!’. So macht man Geschäfte würde ich sagen! Also verbrachten wir den Rest des Abends dort. Und dieser erstreckte sich dann doch bis in die Nacht. Denn vertieft in gute Gespräche leerte sich ein Glas nach dem Anderen und die Zeit verging wie im Flug.

So musste ich mich echt beeilen, um nicht den letzten Bus zu verpassen. Allerdings ging ich nicht, ohne mir eine Zeitung zu schnappen, die ich während der Langen Busfahrt lesen konnte. Leider schnappte ich mir direkt eine Zeitung für Schwule, die aber als solche leider nicht auf Anhieb zu erkennen war. Vielleicht wäre ja das rosa Cover ein kleiner Hinweis gewesen, aber das war eben gleich am auffälligsten … egal!

Denn dankenswerterweise hat mich Shane gleich darauf aufmerksam gemacht. Dankenswert gleich in zweierlei Hinsicht. Denn zum einen habe ich gerade 3 Stunden mit einem anderen Kerl in einer Weinbar gesessen und wollte anschließend nicht unbedingt mit dieser Zeitung das Lokal verlassen. Zum anderen muss ich auch nicht mit diesem Magazin in einem Bus sitzen, der nachts um 11 durch die schwärzesten Viertel von Minneapolis fährt.

So suchte ich mir eine andere Zeitung aus, die wie eine normale Tageszeitung aufgebaut war. Allerdings war keiner der Artikel echt und alle auf eine, sagen wir mal amüsante Art und Weise verfasst. Doch ich habe nicht viel der Zeitung während der Fahrt gelesen, da ich am Ende mehr mit der Busfahrerin gequatscht habe, als mich tatsächlich auf das Magazin zu konzentrieren.

Am Ende kam ich gut angeheitert und unglaublich müde zu Hause an und ich ging ohne weitere große Umwege ins Bett. Ich muss sagen, dass dieser Tag eine willkommene Entschädigung zum gestrigen war!

Cya tomorrow!