September 30, 2009

My Wednesday

Der Tag begann nicht ganz so stressig, wie der Gestrige. Zwar galt es auch einen Bus zu bekommen, doch liefen die Handgriffe nun schon etwas routinierter ab. Zumindest bis ich an der Bushaltestelle stand. Denn der Bus kam zwar pünktlich, war allerdings in die andere Richtung unterwegs. Sprich: ich habe den Busplan falsch gelesen! Nicht mal Demeji konnte mich auf diesen Fehler hinweisen, da er sich an diesem Tag später aufbrach. Während ich mich auf den 30 minütigen Weg zur Straßenbahn Haltestelle machte, versuchte ich mir einzureden, dass es am Jetlag lag und nicht an meiner grundlegenden Unfähigkeit Fahrpläne zu lesen.

Besonders ärgerlich war die Situation, weil ich einen Termin beim ISSS Office hatte, dem Office für ausländische Studenten. Dort angekommen, so dachte ich, werde ich mit allen nötigen Informationen versorgt, die ich bräuchte, um mich in den ‚Twin Cities’ – Minneapolis und St. Paul liegen so nah beieinander – zu recht zu finden. Das stimmte zwar, doch führten die Infos eher dazu, dass ich die nächsten Tage auf unzähligen Offices, Centres und Services verbringen dürfte. Überall musste man sich mal zeigen, seine Unterschrift leisten und die vollständige Adresse hinterlassen. Als wäre man ein ausgesetzter Hund, der überall seine Duftmarken hinterlassen muss…

Da ich nicht alles verstanden hatte, was mir die werte Frau dort zu vermitteln versuchte, habe ich mich erst einmal auf den Weg zu Orten gemacht, mit denen ich am Meisten anzufangen wusste. So kam es, dass ich als erstes im Payroll Office aufschlug, auch wenn ich bis dahin nicht genau wusste, was Payroll überhaupt ist (und meinem Langscheid hat es bei diesem Wort auch die Sprache verschlagen :( ). Das erste, was ich dort erfahren habe ist, dass momentan noch nicht die richtige Zeit ist ‚to get in payroll’. Erst wenn ich mit meinem Praktikum am 1 Oktober beginne, kann ich beantragen, und jetzt kommt’s: in die Gehaltsliste eingetragen zu werden. Under the line: ich darf morgen wieder antreten!

Allerdings konnte mir die nette Dame die Telefonnummer für mein X500 geben – und bitte fragt mich jetzt nicht, was zum Teufel das schon wieder ist! Ich weis nur, dass ich das brauchte und dass ich eine Nummer wählen musste, um es zu bekommen. Außerdem ist die Nummer, die mir die Dame gegeben hat falsch…

Als nächste Station besuchte ich Sonya Johnson. Auch bei ihr wusste ich den Grund meines Besuches nicht. Ich bin nur dahin aufgebrochen, weil mich mein Professor dort hin geschickt hat. Wo sich ihr Arbeitsplatz befand wusste ich allerdings, zumindest grob.

Also wartete ich auf den Campus Circulator, eine von drei Buslinien, die den gesamten Campus vernetzen und für Studenten – und faculty staffs – kostenlos sind. Dass ich auf der falschen Seite stand merkte ich allerdings erst nach 10 Minuten. Und weitere 10 Minuten später stellte ich auch fest, warum meine Erkenntnis so lange auf sich warten ließ. Der Bus kam nämlich zu allem Überfluss nicht. Also mit den Bussen hab ich es ja echt!

Ich machte mich abermals zu Fuß auf den Weg. Das Problem bestand darin, dass es auf der Karte deutlich näher aussah, als es dann in Wahrheit tatsächlich war. Nach einer halben Stunde fragte ich völlig demotiviert einen Passanten, wo denn zum Teufel sich das verdammte University Park Plaza Building befindet. Zum glück antwortete er: ,It’s right in front of you’. Wenn das so weiter geht, brauch ich mir ja trotz des Essens keine Gedanken um meine Kondition zu machen…

Sonya schien in der Buchhaltung zu arbeiten und macht die gesamte HR (human resource) Organisation für mich. Deshalb kam gleich wieder eine ganze Menge Papierkrieg auf mich zu. Dabei hab ich von englischen Erklärungen über irgendwelches bürokratischen Prozedere heute echt die schnauze voll! Dieser Gedanke muss sich bei mir in einem unglaublich bedepperten Gesichtsausdruck wieder gespiegelt haben! Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie mir alles dermaßen Idiotensicher und Schritt für Schritt zu vermitteln versuchte, als würde sie einem Affen das Zählen beibringen wollen. Wie überall durfte ich, dank mangelnder Vernetzung, meinen Namen, Adresse und eine Unterschrift hinterlassen…

Dann machte ich mich auf dem Weg zu Peter, meinem Professor. Ich musste ihn aber an der Rezeption anrufen, um rein zu kommen, denn Zugang bekommt man erst mit der Karte der Universität und bis ich die in den Händen halten konnte, verging noch eine Weile. Ich beklagte mich bei ihm über dieses Bürokratie Desaster und anschließend heulte er sich bei mir über seine Computerprobleme aus. Er hatte ein Systemupdate von Apple installiert, was dazu geführt hat, dass kein Drucker mehr funktionierte und er total im Stress war. Doch so schlimm kann es nicht gewesen sein, so dachte ich zumindest! Denn als ich ihm erklärte, dass ich vor hatte nun zum Social Security Service aufzubrechen, schnippte er hoch und war augenblicklich nicht mehr davon abzubringen, mich dort hin zu fahren.

Gesagt, getan! Doch stand das Auto nicht um die Ecke…Wir mussten mit dem Bus über den halben Campus fahren – wohl bemerkt fahren, nicht laufen! Auf dem Weg erklärt er mir, dass seine Frau auch auf dem Campus arbeitet und sie vorzog, das Auto in ihrer Nähe zu haben (dann weis ich ja, wer die Hosen an hat). Außerdem meinte er, dass der Social Security Service - wo man seine Sozialversicherung beantragen kann - nicht in der besten Gegend sei und er es deshalb vorzog, mich dort ihn zu fahren. Also machten wir uns in seinem 50000$ Lexus auf den Weg dort hin…

Bereits unterwegs merkte ich, dass die Bezeichnung „nicht die beste Gegend“ keines Wegs eine Untertreibung war. Die Häuser verwandelten sich langsam zu Bruchbuden und unbebauten Brachland, die Studenten zu zugedröhnten Junkies, die über Tag auf der Straße rumlungerten und - wie man leider dazu auch sagen muss - das Verhältnis 80% weiß zu 20% kehrte sich um. Als wir in das Gebäude gingen, musste ich kurz darüber reflektieren, ob das Auto noch da steht, wenn wir wieder raus kommen. Naja, lassen wir uns überraschen!

Am Eingang gab es erst mal ne Waffenkontrolle wie am Flughafen. Mein Prof und ich mussten Gürtel, Schuhe und Jacke ausziehen und durch das Röntgengerät laufen lassen. Wir selbst mussten einen Scanner passieren, der uns noch mal nach Waffen durchleuchtet. Im Wartesaal waren wir unter ca. 50 Antragsstellern die einzigen weißen…nein, eine weiße Frau war mit darunter. Allerdings war das nicht gleich auf Anhieb zu erkennen, denn sie war von oben bis unten mit Tattoos zugepflastert.

Also warteten wir mit den ganzen Leuten darauf endlich aufgerufen zu werden. Während dessen versuchte mein Professor nicht ganz so besorgt und genervt auszusehen. Aber es war nicht zu übersehen, dass er sich hier sehr unbehaglich fühlte. In Relation zu dem Aufwand verlief das Gespräch mit dem Sozialbeamten unspektakulär. Ich dürfte mal wieder meine Anschrift und Unterschrift hinterlassen – sinnlos, dass ich da überhaupt hin musste!

Auf dem Rückweg verfranste sich mein Professor dermaßen, dass er erst mal dem Navi die Führung übergab. Überhaupt sind die Amerikaner unglaublich schlechte Autofahrer! Man sollte meinen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung (max. 70 Meilen auf dem Highway) dazu führt, dass alle umsichtiger und vorausschauender fahren können. Allerdings ist eher der umgekehrte Effekt der Fall. Man hat das Gefühl dass alle in ihr Auto steigen und in eine Art Wachkoma verfallen. Im Gegensatz zur Ignoranz gegenüber anderen Autofahrern sind aber Amerikaner unglaublich umsichtig, wenn es darum geht Fußgängern, Fahrradfahrern und Joggern den Vortritt zu gewähren. Aber vielleicht liegt das auch eher an gefürchteten Millionenklagen…

Zurück auf dem Campus angekommen wollte ich mich auf den Weg nach Hause machen. Aber vorher gab mir mein Professor einen Apfel in die Hand. Er meinte, dass seine Frau ihm den für mich mit gegeben hat, damit ich mal die guten Äpfel der Region probieren kann. Und ich muss sagen, dass mich das Ding überzeugt hat, auch wenn ich normalerweise kein großer Apfelesser bin. Da ich allerdings heute noch kein Lunch hatte, war ich mit einem Apfel nicht zu frieden. Deshalb gab es hinterher noch einen Whopper. Irgendwie muss ja auch das Grünzeug wieder kompensiert werden!

Bevor ich nach Hause ging nutzte ich aber noch das schöne Wetter, um eine Runde über den Campus zu laufen. Und wie bereits erwähnt, gefällt mir dieser deutlich besser, als z.B. der in Ilmenau. Die Backstein Fassaden der Häuser sehen einfach nur beeindruckend und schön aus! Allerdings habe ich dann gesehen, wie so ein Haus gebaut wird. Die gesamte Fassade ist nur ‚Fake’ und wir in großen Blöcken an der Front des Hauses angebracht. Dahinter sieht das Haus nicht anders als ein gewöhnlicher Neubau aus. Also machte ich mich etwas desillusioniert auf den Weg nach Hause.

Ich entschied mich dazu, endlich mal hier Joggen zu gehen. Ich dachte das sei eine gute Möglichkeit, die Nachbarschaft zu erkunden. Allerdings verlief ich mich bei diesem Versuch ein wenig. Das führte dazu, dass ich auch an Ecken vorbei kam, an denen ich lieber etwas schneller lief. Außerdem bin ich gut 1,5 Stunden unterwegs gewesen und war am Ende fix und fertig.

Doug fragte mich am Abend noch, ob ich mit ihm ‚grocery shoppen’ gehen möchte. Ich entschied mich mit zu gehen, denn ich brauchte etwas zum Essen für die Woche. Und ich sage euch, einkaufen in einem amerikanischen Supermarkt ist echt ein Erlebnis für sich! Allerdings möchte ich euch das heute im Hinblick auf die Länge des Beitrags nicht mehr erzählen…

Nach dem Einkauf ging es noch ne Runde um den Block. Mir wurden die „wichtigsten Ecken“, wie das Post Office, ein Breakfast Diner, „der“ Frisör und ein guter Doctor vorgestellt. Hier ist es anscheinend so, dass sowohl viele Geschäfte an einem Ort zentralisiert werden, wie in der Mall of Amerika. Allerdings sind auch viele kleine und gute Läden quer über die Stadt verteilt, von denen man einfach wissen muss, wo sie sich in der eigenen Umgebung befinden.

Wir erreichten auch die Gegend, in der Doug aufgewachsen ist – nicht weit von seinem jetzigen Wohnort. Er erzählte einige Geschichten aus seiner Jugend in dieser Region, wie er seine Frau kennen gelernt hat und wo sie mit ihren Kindern wohnten. Ich saß nur da und hörte gespannt zu, beschäftigt damit ihn zu verstehen. Es war sehr interessant zu sehen, wie vertraut er mit dieser Region war, die ich momentan noch als völlig fremd ansah. Ich fragte mich, ob ich in einem halben Jahr auch so eine Verbindung zu dieser Stadt aufgebaut haben würde…

Spät erreichten wir wieder unser Haus und ich war total am Ende. In meinem Kopf ist die Zeitumstellung immer noch nicht völlig vollzogen. Deshalb bin ich an diesem Abend auch nur noch direkt ins Bett gefallen.

Cya tomorrow!

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