September 29, 2009

My Tuesday

Ouh Mann, das war Nacht! Um 12 ins Bett, 7 Uhr wach – richtig wach! Naja, verständlich. Mein Körper ist immerhin noch der Meinung, dass es momentan ca. 14 Uhr ist. Also raus aus der Koje und ab in die Dusche. Allerdings funktioniert der Wasserhahn anders als bei uns zu Hause. Nach einigen Versuchen und bevor ich das Ding aus der Wand gerissen hätte, fragte ich Demeji um Rat. Er erklärte mir, dass anstatt ihn zum öffnen anzukippen und mit der Orientierung die Temperatur zu regulieren, dieser nur gedreht wird. Man überfährt einfach den Kaltwasserbereich und reguliert die Warmwasserzufuhr.

Er erklärte mir außerdem, dass er die Dusche jeden Tag mit einem so genannten ‚daily cleaner’ aussprühte, um glänzende und transparente Oberflächen vor Kalk zu schützen. Nicht zum ersten Mal denke ich mir hier, dass unsere Nachfahren über unseren sorgsamen Umgang mit der Umwelt dankbar sein werden!

Zum Frühstück gibt’s Cornflakes mit Milch und dazu Applesauce (Apfelmus). Gar nicht mal so ungesund, wie ich befürchtet hatte. Und auch verdammt lecker! Schon die Dame im Flugzeug erwähnte ja, dass die Region für ihre guten Äpfel bekannt sei. Aus meiner Sicht nicht zu Unrecht!

Demeji machte sich zum Frühstück eine TK Wurst in der Mikrowelle, was mich angesichts seiner qualifizierten gestrigen Aussagen zu gesundem Essen wunderte. Er schien das aber nicht zum ersten Mal zu machen, denn er wickelte sie in ein Küchenkrepp ein, damit die Schale nicht austrocknet – wieder was gelernt!

Danach ging es auf zur Bushaltestelle. Wir waren spät dran und mussten uns etwas beeilen. Doch mir blieb genug Zeit um festzustellen, in was für einer angenehmen Nachbarschaft sich das Haus befindet. Direkt auf der anderen Straßenseite, abgeschirmt von ein paar Bäumen und Büschen befindet sich der Mississippi River. Allerdings ist dieser sehr tief gelegen, vergleichbar mit dem Flutgraben. Bloß 5x größer, oder sogar mehr. Entlang des Flusses erstreckt sich ein Fuß- und Radweg, der ‚Mississippi River Trail’. Er beginnt in Kanada und erstreckt sich 3000 Meilen durch die USA bis ins Mississippi Delta – und er führt eben auch durch Minneapolis.

Bei dem schönen Wetter war der gesamte Weg gesäumt von Radfahrern und Joggern. Wir mussten allerdings in eine andere Richtung Joggen, um unseren Bus noch zu bekommen. Zumindest angeblich - laut Demeji. Denn Tatsächlich befand sich die Bushaltestelle so lächerlich nah, dass wir am Ende noch eine ganze Weile warten mussten. Denn alle 2 Streets (East to West) bzw. alle 4 Avenues (North to South) befand sich eine fakultative Haltestelle. An dieser hält der Bus, wenn jemand den Haltewunschtaster (würde ich gern als Wort des Jahres nominieren!) betätigt oder jemand an der Haltestelle steht.

Anders als in der Umgebung unseres Hauses sind hier die Grundstücke und Häuser schon weniger großzügig bemessen. Das liegt vermutlich daran, dass die Uferfernen Grundstücke günstiger sind und sich dem ‚Blocksystem’ unter ordnen müssen. Das führt dazu, dass die gesamte Stadt von oben aussieht als hätte sich jemand an einem Reißbrett vergangen oder zu lange Anno gespielt. Dadurch lassen sich dann auch die Straßen so gut in Streets und Avenues unterteilen und von Norden nach Süden bzw. von Osten nach Westen durchnummerieren. Meiner Meinung nach viel praktischer und logischer als am Ende vor lauter Einfallslosigkeit Namen gesamter Märchenbücher an irgendwelche Straßen zu verscheuern (wie in der Märchenwaldsiedlung in Erfurt z.B. tatsächlich geschehen)!

Beim Einsteigen in den Bus war ich über den günstigen Preis von ca. $2 überrascht. Denn man kann damit 2 1/2 Stunden mit Bus und Bahn – Ja, Minneapolis hat eine Straßenbahn! Genau eine Linie, wie konsequent! - quer durch Minneapolis fahren. In Anbetracht des momentanen Wechselkurses und der beachtlichen Ausdehnung ein Schnäppchen.

Der Weg zur Uni bedeutete zweimal Umsteigen – Bus, Bahn, Bus. Bemerkenswert ist, dass diese mickrigen Straßenbahnen beim Überqueren einer Straße mit Glocken, Schranken und einem Signalhorn ausgestattet sind, die an diese alten, massiven, 500m langen Midwest Western Union Züge erinnern. Am Ende unseres 30 minütigen Trips befand sich die University of Minnesota, oder auch ‚the U of M’, wie sie in Minnesota genant wird.

Der Campus war hinsichtlich seiner Größe und Gepflegtheit beeindruckend. Der Rasen sieht aus als könne man Golf auf ihm spielen und die Fassaden der Häuser erinnern an Bilder von namhaften Unis wie Harvard oder Yale. Es kam mir vor als wäre ich in einer separaten Stadt, die nur von Studenten bevölkert wurde. Und in einem der vielen Häuser arbeitete auch Demeji. Er zeigte mir den Weg dahin mit dem Hinweis: „When you can’t find your professor, you should just be able to find the way back home.” wie recht er hat!


Allerdings verlor sich meine Orientierung irgendwo zwischen all diesen Gängen, Fahrstühlen und Türen, sodass ich am Ende keine Ahnung mehr hatte, wo ich eigentlich war. Und ohne mir darüber weiter im Klaren zu werden, machte ich mich anschließend naiver Weise auf den Weg zu meinem Professor. Ein Fehler angesichts der Dimensionen des Campuses.

Nach zahlreichen Umwegen und viel zu spät, aber glücklich erreichte ich dann doch das Lions Research Laboratory – mein Arbeitsplatz für die nächsten 6 Monate. Damit ich definitiv nicht vergesse in welchem Land ich hier gelandet bin, befand sich das Gebäude direkt gegenüber vom neuen Footballstadion der Golden Gophers – der Footballmannschaft der U of M.

Fotos vom Campus

Am Eingang empfing mich dann auch gleich mein Professor Peter Santi. Hemd, Stoffhose, Tennissocken und Laufschuhe – eine unverwechselbares Outfit, das ich schon aus 10m Entfernung als Amerikaner identifiziert hätte. Er zeigte mir die Büros und Labore und stellte mir anschließend Shane vor, mit dem ich das nächste halbe Jahr zusammen arbeiten werde. Shane ist ungefähr in meinem Alter und ein großer, dünner und dadurch etwas schlaksig wirkender Typ. Er bereitet sich gerade auf seinen PhD (mit dem deutschen Doktor vergleichbar) vor und arbeitet währenddessen als Research Spezialist für Professor Santi – genau wie ich – und ist, wie die meisten seiner Zunft, nicht gerade eine Quasselstrippe.

Aber er verriet mir sein Lieblingsrestaurant und so kam es, dass wir 3 auf Peters Rechnung essen gingen – mongolisch. Es war völlig verschieden zu dem, was ich als asiatisches Essen kenne … viel süßer, aber lecker ;) Wasser und Tee gab es zum Essen kostenlos und mit ‚free refill’ dazu. Hier genauso eine Selbstverständlichkeit wie, dass man von der Kellnerin zum Tischgeleitet wird, wenn man das Lokal betritt.

Da die zwei, wider erstem Erwartens, gute Konversationspartner waren und wir uns schnell in ein Gespräch vertieft hatten, war mein Essen eher nebensächlich für mich. So kam es, dass ich etwas irritiert vor meinem halbvollen Teller saß, während die beiden schon fertig waren. Mir kam es vor, als hätten sie ihr Essen inhaliert! Und um sie nicht völlig von der Arbeit abzuhalten, ließ ich schweren Herzens einen Teil der leckeren Mahlzeit in dem Restaurant zurück.

Da dieser Tag für mich noch kein regulärer Arbeitstag war (ich fing erst am 1. Oktober an zu arbeiten), entschloss ich mich erst mal „nach Hause“ zu fahren. Nur gestaltete sich das schwieriger als vorher angenommen. Ich hab mir zwar die Haltestellen gemerkt und Anfang ging alles gut, doch beim Ausstieg aus dem letzten Bus verfranste ich mich völlig. Zum einen bin ich viel zu spät ausgestiegen und zum anderen auch noch in die falsche Richtung gelaufen. Hier sieht aber auch alles verdammt gleich aus!!!

Bis ich Depp endlich gemerkt hatte, dass das einzige unverwechselbare Merkmal - die Hausnummern - schon deutlich größer waren als die unseres Hauses und immer weiter stiegen, war ich bereits ca. 10 Blocks zu weit. Zum Glück half mir eine freundliche Dame wieder der Zahlen und somit auch der Orientierung mächtig zu werden. Sie sagte mir die richtige Street – 39th – an der ich mich orientieren musste und das tat ich dann auch. Es ist nämlich so, dass im Allgemeinen die Adresse eines Hauses aus der Nummer bzw. Namen der Avenue oder des Blvd (z.B. Edmund Blvd) als Straßenname und der der Nummer der Street als die ersten zwei Ziffern der Hausnummer (z.B. 39xx) besteht. Mit dieser Info und einen halbstündigen Marsch später erreichte ich endlich vertraute Gefilde und schnell konnte ich unser Haus ausfindig machen – endlich da!

Ich war etwas unter Zeitdruck, denn mir schwebte vor, heute noch eine Runde laufen zu gehen. Allerdings kam es nicht dazu. Cindy und Doug warteten schon am Kamin auf mich, um mich über den heutigen Tag auszuquetschen und mich besser kennen zu lernen. Aber der Informationsfluss war nicht nur einseitig. Auch ich erfuhr eine ganze Menge über die beiden, denn sie waren mir gegenüber ausgesprochen offen. Das lag vielleicht auch daran, dass es bei den beiden gerade ein Schlückchen Scotch gab, zu dem ich auch herzlich eingeladen wurde… und man ist ja auch kein schlechter Gast (auch nicht halb 6 ^^). Ich konnte wählen zwischen Scotch, Whisky, Brandy und zahlreichen anderen alkoholischen Getränken, die die „Hausbar“ beinhaltete. Ich versuchte ihnen zu erklären, dass ich keine Ahnung hätte, was der unterschied zwischen Scotch, Whisky und Brandy ist. Das führte dazu, dass ich in einem Augenblick der Unachtsamkeit, plötzlich von jedem ein Glas vor mir stehen hatte. Natürlich alles ‚on the rocks’ – also auf Eis…

Sowieso ist der Eisgenerator für Amerikaner essenziell zum Überleben. Anders kann ich mir nicht erklären, wieso es so hartnäckig in amerikanische Kühlschränke eingebaut wird. Aber ich kann das durchaus - zu Cindy und Dougs Überraschung - verstehen. Soweit sie Europäer kennen gelernt haben, mag niemand Eis in sein Getränk, ich allerdings schon! Kaum ausgesprochen, wurden mir von Doug sämtliche Funktionen dieses Umweltdisasters mit den Worten ‚For Cindy’s kitchen…I bought the best you can get for money’ vorgeführt. Nachdem ich alle Tasten rauf und runter erklärt bekommen hatte, machte ich mich daran, mein favorisiertes Getränk zu identifizieren. Der Whisky aus der 1 Gallonen Plastikflasche schnitt dabei überraschender Weise nicht so gut ab.

Da ich leider immer noch von der Reise gepiesackt war, musste ich mich schon bei Zeiten von den beiden verabschieden, um endlich etwas Schlaf zu bekommen. Deshalb torkelte ich ganz schön angetrunken und völlig übermüdet in mein Bett. Vorher musste ich allerdings noch eins von Cindys, für mein Abendbrot frisch gekochten, mikrowellengerechten Portionen verköstigen. Lecker!

Cya tomorrow!

1 comment:

  1. "und man ist ja auch kein schlechter Gast (auch nicht halb 6 ^^)" -- brav! ^^

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