September 28, 2009

My Monday

Amerika genauer gesagt die USA (fälschlicherweise ja manchmal synonym verwendet), das Land der unterstellten unbegrenzten Möglichkeiten. Dort will ich hin, zumindest glaube ich das zu wollen. Wobei dieser Wille durch die zahlreichen Menschen, die ich in letzter Zeit verabschieden musste durchaus gelitten hat. Ich denke da an meine Freundin, meine Familie, Freunde aus Erfurt und Ilmenau, sogar aus ganz Deutschland. Ich war beeindruckt welches Feedback und Interesse mein Trip erzeugte.

T - 10:00 Minuten

Nun sitz ich hier im Flugzeug UA 941, Direktflug Frankfurt - Chicago, 12:00:00. Es gibt definitiv kein Zurück mehr! Dieser Flug ist die erste Etappe auf meiner Reise nach Minneapolis, wo ich ein 6 monatiges Praktikum an der Universität von Minnesota absolvieren werde. Das es überhaupt so weit gekommen ist, ist mehr oder weniger das Ergebnis von einer Kombination aus reinem Zufall und hartnäckiger Arbeit, aber dazu später mehr...die Zeit recht dazu jetzt nicht!

T - 5:00 Minuten

Das Flugzeug wird nämlich bereits rückwärts von Gate weg geschleppt. Parallel gibt’s überaus hilfreiche Safety Instructions ... und immer holen sie diese Schwimmweste raus. Ich denke im Falle eines Absturzes in der Nähe von Grönland - sollte ihn überhaupt jemand überleben - wird demjenigen die Schwimmweste sicherlich nicht lange von Nutzem sein!

Ich konzentrier mich daher lieber auf das Filmprogramm. Doch leider kommt nur irgendwelche Jamaika Musik, die sicher die Passagiere in einen Tranceähnlichen Zustand versetzen soll. Ich stellte außerdem fest, dass sich 2 Kopfhörer im Fach vor mir befinden. Deshalb gibts noch ein kurzes Stoßgebet, dass der qualifizierte Mitarbeiter, der sich um meine Kopfhörer gekümmert hat, nicht auch noch für den Treibstoff zuständig war, und dann...

T - 0:00 Minuten

... geht es los! Die 2 Motoren der Boing 777 heulen auf. Man merkt, wie sie an dem Flugzeug zerren. Die Bremsen werden gelöst und die Triebwerke katapultieren dank 150.000L Treibstoff ca. 400 Menschen in einer ungefähr 250T schweren Blechbüchse in die Luft…verrückt! Mit Sicherheit der spannendste Part des gesamten Flugs ... und ein guter Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass ich kein Fan davon bin.

Mich stört weder die Geschwindigkeit, noch die Beschleunigung. Aber die Masse! Ich weis genau, dass dieses Hochbeinige Monstrum definitiv nicht zum stehen oder sogar sicher runter kommt, wenn etwas schief geht. Und dazu braucht man auch kein Maschinenbau Studium, auch wenn es hilft diesbezüglich ganz sicher zu sein!


Als würde man 20 LKWs 3000m in die Luft schießen wollen. Jedem Depp fällt auf, dass das keine gute Idee ist. Und wäre das nicht schon die x-te Generation an Ingenieuren, die versucht diese Dinger zu optimieren, dann würde ich definitiv nicht mit dem optimistischen Ziel dort einsteigen, in wenigen Stunden 3000km Ozean hinter mir zu lassen.

Warum? Nun ich muss sagen, dass ich während meines Studiums schon sehr abenteuerliche Erzeugnisse von einigen Konstrukteuren gesehen habe (ich schließ mich da nicht aus). Und wenn ich daran denke, dass einige diese Leute die Gedankenvorarbeit für dieses Flugzeug leisten könnten, würde ich am liebsten wieder aussteigen.

Doch allen Zweifeln zum Trotz bewegt sich das Flugzeug immer schneller über den Asphalt. Unter meinen Füßen rumpelt es als würde man mit einem Trabbi 200km/h auf der Autobahn fahren. Immer fester werde ich in meinen überaus komfortablen Platz 36 F (ja, Mittelreihe, ganz in der Mitte, nett sag ich euch) gedrückt. Und dann…nichts mehr…wir fliegen! Wir steigen und steigen, bis auf eine Höhe von 10000ft. Allerdings ist es auf dieser Höhe auch nicht gerade ein ruhiger Flug. Ständig leuchtet das „anschnallen“ Signal in Verbindung mit einem Warn-Ton: ‚Bong’. Und nahezu schlagartig verwandelt sich das Fahrgefühl von einer kurvenlosen Autobahn ohne Fahrgeräusche zu einer huckligen Landstraße quer durch den Thüringer Wald.

Bilder vom Flug

Aber alles im Allem ist das der langweilige Part des Fluges. Zum glück hilft einem eine zahlreiche Auswahl an Filmen und eine unglaubliche Aussicht über die Lange Weile hinweg. Außerdem saß neben mir eine überkommunikative Amerikanerin, die obendrein auch noch deutsch konnte. Also unterhielten wir uns. Sie sprach in fließendem deutsch, ich antwortete in gebrochenem englisch.

Sie gab mir so wertvolle Tipps über günstige Handys und Computer und erklärte mir wofür meine Zielregion bekannt ist…..für Mais, Milch und Äpfel. Na klasse ;)! Sie kannte aber trotz 5 Jähriger Arbeit in Hamburg Thüringen nicht – das spricht für sich. Aber dafür konnte ich sie über die aktuelle Kontroverse über public health insurance ausquetschen und sie schien ganz gut bescheid zu wissen!


Während wir so in dem Gespräch vertieft waren ertönte eine lauter *Dong*, der eine Rede des Käptains einleitete. Es ging darum, dass das Ziel fast erreicht ist – Chicago O’Hare. Ein paar Landemanöver später befanden wir uns auf Amerikanischen Boden. D.h. fast…denn wir mussten erst noch durch die Einreisekontrolle.

Dankenswerter Weise winkte uns ein Polizist… Sry ein Police Officer in eine Schlange, die ich auch ohne seine Hilfe als die Schlange zur Kontrolle identifiziert hätte. Doch da er von seiner wichtigen Aufgabe und seiner tollen Police Uniform so erregt schien, dass ich mich wunderte, wie selbige den ganzen Tag über sauber bleiben konnte, fügte ich mich seinen Weisungen kommentarlos. Deshalb kam es dann dazu, dass er anstatt mich, 3 verängstigte japanische Touristen mit Hand am Halfter anschrie: „Get out of the way!“, damit ein Elektroauto mit 3 km/h an uns vorbei rasen konnte um eine andere Schlange mit 2 weiteren fetten Leuten zu versorgen…wer hätte es gedacht, es ist die Einreiseschlange der Amerikaner!

Als dann einer dieser Touristen – zu allem Überfluss noch mit einem Mundschutz ausgestattet - auch noch wagte ihn nach der richtigen Schlange zu fragen (es gab eben eine für Amis und eine für Besucher), krakeelte dieser Robocop zu meiner Belustigung nur noch: „VISA stands for visitor! So answer me right now: Is the VISA line the right one?

Ende vom Lied: wir stellten uns alle an einer Schlange an, die ca. eine Stunde Wartezeit versprach…und so war es dann auch! Doch kam mir diese vor wie eine Ewigkeit und ich denke da war ich nicht der Einzige. Die vielen Schweinegrippewarnungen auf diesem Flughafen, unterstrichen durch die Maske des Japaners, gaben mir so einen Drang, große Menschenansammlungen zu meiden…aber da führte nur ein Weg raus!

Und der war es dann auch, der mich direkt zum Gepäck führte. An dieser Stelle würde ich gern ne Empfehlung für rotes Gepäckband loswerden. Hat mir bei der Identifizierung meiner 40 Kg Besitztümer durchaus geholfen! Allerdings wurden mir diese auch gleich nach dem Zoll auf dubiose weise wieder abgenommen. Das ganze nannte sich Re-Check In und wurde in Form einer Frau, die für meine Begriffe wahllos irgendwelche Leute raus pickte, um ihnen ihr Gepäck wieder weg zu nehmen, umgesetzt. Sie hat in Wahrheit sicher an meinen Kofferzetteln erkannt, dass ich nach Mpls weiter fliegen will. Trotzdem kam ich mir etwas überrumpelt und enteignet vor. Denn ich ließ die Prozedur nach kurzem Nachfragen, woher sie denn weiß mit welchem Flugzeug ich nach Mpls fliegen will, über mich ergehen.

Befreit vom Gepäck konnte ich mich auf dem Flughafen frei bewegen. Und abgesehen vom Hintergrundtenor der Menschen und der Sprache der Schilder der Fressbuden kam es mir hier gar nicht mal so fremd vor. Möglicherweise lag es daran, dass ich unfähig war die geflogene Distanz ad hock zu realisieren. Ich denke der Mensch begreift etwas besser, wenn parallel die Haptik angesprochen wird. Sprich einen Weg, den man gewandert ist oder ein Haus, was man selbst gebaut hat. Ein Flug ist dabei der absolute Gegensatz – 8 Stunden warten und man ist in einem völlig anderen Teil der Erde gelandet – irgendwie unreal. Das einzige was ich diesbezüglich momentan feststellen kann ist, dass ich mich hier durchaus wohl fühle, selbst wenn ich keinen Plan hab, wo ich bin!

Und eh ich mir dessen im Klaren werden kann, sitz ich auch schon wieder im Flugzeug. Der Flug ist innerhalb der USA und deshalb vollkommen in englischer Sprache. Und ich genieße es gezwungen zu sein, Englisch zu sprechen.

Dabei müsste ich eigentlich Berührungsängste haben:
Als wir in der 5. Klasse angefangen haben, Englisch zu lernen hat unsere Lehrerin in der ersten Stunde gefragt, was denn „let’s start“ auf der ersten Seite unseres Buches bedeutet. Ich meldete mich völlig überengagiert und unsere Lehrerin man mich auch prompt dran. Ohne je vorher ein englisches Wort gehört zu haben, gab ich voller Stolz laut und deutlich „letzter Start“ von mir. Die ganze Klasse lag zu meiner Irritation flach…

Nun über dieses Niveau bin ich glücklicher Weise mittlerweile hinaus. Bedeutet ich kann mich doch einiger Maßen artikulieren und die Kommunikation im Flugzeug ist für mich schon lange kein Problem mehr. Leider war dieser Flug kein deut ruhiger als der erste.

Eine Videoreportage bot daher eine gute Ablenkung. Allerdings war diese von der Qualität ungefähr auf einem Niveau deutlich unter DMAX einzuordnen. Der Inhalt bestand darin die zerstörerische Kraft von Wind zu dokumentieren, zumindest anfangs. So wurde alles was Gewicht hat und sich irgendwie abschießen lässt, auf 200Km/h beschleunigt und zur Zerstörung von Fensterscheiben verwendet. Der Moderator freute sich zwar nur über die Tollen Bilder zerstörten Glases doch der wissenschaftliche Gehalt der Sendung war noch nicht abstreitbar. Erst als die Sendung dazu umschwenkte auf Plastikgesichter und später auf echte nackte Frauenoberschenkel aus 3 m Entfernung mit Paintballs zu beschießen, kamen bei mir ernsthafte Zweifel auf. Final disqualifizierte sich das hochwertige Airline Unterhaltungsprogramm damit, dass es inhaltlich dabei angekommen war, so viele hochprozentige Getränke wie möglich auf einmal anzuzünden, was in einem riesigen Feuerball endete. Allerdings bin ich doch davon beeindruckt, dass ich die Thematische Überleitung nicht mitbekommen habe! Ich schiebe die Schuld meiner Übermüdung zu, denn es ist auf meiner Uhr gerade um 2 geworden. Pünktlich 7:00 PM setzt das Flugzeug zur Landung an und ich bereite mich auf die selbige vor.

In Minneapolis angekommen war ich darüber erstaunt, dass das Gepäcksystem in Chicago tatsächlich funktioniert hatte. Mein Gepäck war genau da, wo es sein sollte. Aber es geht doch nichts darüber, sich den Tag mit solchen Kleinigkeiten ein bisschen spannender zu gestalten!

Ich rief Cindy – meine Gastmutter – an. Ich bat, mich vom ‚car pick up’ abzuholen und mir ein Erkennungsmerkmal zu nennen, an dem ich Doug – meinen Gastvater – erkennen kann. Sie sagte zu und erklärte mir, dass ich auf einen großen Van mit einem Insassen mit schönem weißem Haar zu achten habe – Danke auch! Nicht nur, dass alle Vans hier für deutsche Maßstäbe groß waren, nein auch der Tipp mit den grauen Haaren war Dank zahlreicher getönter Scheiben auch eher unbrauchbar.



Während ich Ausschau hielt, stoppte vor mir ein wirklich großer Van – in Deutschland würde man auch Kleinbus dazu sagen – und ein Mann mit ‚schönen grauen Haaren’ winkte mich ran. Woran er mich erkannte? Nun ich sagte Cindy ich bin ein Kerl mit zwei großen Blauen Gepäckstücken mit rotem Kofferband – eben etwas Brauchbares.

Nichts desto trotz lernte ich dann die amerikanische Gastfreundschaft kennen! Er erkundigte sich nach meinem Flug und erzählte mir, dass sie glücklich seien, dass ich hier bin. Anfangs hatte ich einige Probleme ihn zu verstehen, doch bei mir kam ausreichend an, um ihm auf seine Fragen antworten zu können. Je näher wir dem Haus kamen, desto offener wurde das Gespräch. Er versicherte mir, dass sowohl ich als auch meine Freundin willkommen sind und dass ich alles haben kann, was ich brauche. Nice!

Als wir ankamen wurde ich von Cindy mit einer Umarmung empfangen und sie führten mir die Räumlichkeiten vor, als würden sie mir ein Schloss zeigen. Typisch amerikanisch eben, proud of their property … Und es war auch ein beachtliches Haus.

Schon als wir die Auffahrt hinauf fuhren faselte Doug etwas von 2000 sq ft room on 1500 sq ft area. Allein unsere – Demeji (mein nigerianischer Mitbewohner) und meine – Wohnung war so groß wie unsere 5 Mann Wohnung in Erfurt. Wobei die Raumaufteilung typisch amerikanisch war – zumindest das, was mein vorurteilbelastetes Hirn dafür hält – 2qm Fernsehfläche (ja wir haben einen Videobeamer als Fernseher) und 2 qm Küche (1 Kochplatte, 1 Ofen und 1 Mikrowelle + 1 elektrischen Büchsenöffner ^^), aber mit Tresen.

My home for six months

Cindy kaufte netterweise Bier für „the German guy“ und ich hab nach dem langen Tag auch gleich Gebrauch davon gemacht. Während ich mir das Bier schmecken lies (oder auch nicht – amerikanisches Bier ist nicht gerade für seine Qualität bekannt) diskutierte ich mit meinem Mitbewohner über Politik, Medien, Gesundheit und Krankenversicherung in den USA. Wirklich ein netter Kerl!

Nachdem wir die Fronten geklärt hatten, bin ich nur noch ins Bett gefallen! Die 24h Wachphase mit einer ständigen Abwechslung aus langer Weile und Stress forderte ihren Tribut. Ich hab nur noch fix ein paar Mails abgesetzt, damit die Lieben zu Hause wissen, dass ich gut angekommen bin.


PS: Die nächsten Posts werden mit Sicherheit nicht so lang! Aber dieser Bericht ist etwas ausführlicher gestaltet, um euch auch zu verdeutlichen, wie lang der Tag für mich gewesen ist.

Cya tomorrow!

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